Belohnungswert > Preisschmerz

Warum derselbe Wein gleich viel besser schmeckt, wenn er teurer wird? Zuckerwasser die Kaufwahrscheinlichkeit erhöht. Und warum der Billig-Pudding nach Premium schmeckt, nur weil  Dr. Oetker daneben steht?
Spektakuläre Einblicke in die Biologie unseres Gehirns vermittelte den über hundert Clubmitgliedern Prof. Dr. Peter Kenning, Marketingprofessor an der Heinrich-Heine-Universität.

Es war mucksmäuschenstill im Hörsaal 2 als Prof. Kenning die Funktionen von "Medialem Präfrontalem Cortex", "Nucleus Accumbens" und der "Inselregion" erklärte. Alle drei Gehirnregionen haben eine erhebliche
Bedeutung für das Marketing. Für die Wahrnehmung von Marken, die Preissensibilität und die Kaufwahrscheinlichkeit.
Es geht an diesem Abend um "Consumer Neuroscience". Um Forschungsergebnisse, um empirische Studien, Experimente und um bildgebende Verfahren. Ganz faktenorientiert - ganz wissenschaftlich.
Denn Prof. Kenning ist Wissenschaftler durch und durch. Einer von Weltruf, mit präzisen Formulierungen und wenig Raum für Interpretationen. Und dennoch zog er alle Gäste in seinen Bann. Denn seine Aussagen haben es in sich.
Er erklärt, dass die Kraft der Marken in ihrer Funktion der "kortikalen Entlastung" steckt. Dass unser Marketing auf einem Placebo-Effekt beruht und er stellt das Basismodell der Neurophysiologie vor:
Es geht unserem Gehirn bei der Kaufentscheidung um das ständige Abwägen von Belohnungswert und Preisschmerz. Und dieses Abwägen kann man nicht nur empirisch beobachtet, es kann durch moderne bildgebende Verfahren
wie Kernspintomographie auch im Menschlichen Gehirn verortet werden. Es geht um den Aufbau einer neuen Theorie. Und die wirft alle bislang üblichen Modelle zu "Kognition versus Emotion" oder die Trennung von linker und rechter Hirnhälfte über den Haufen. Und als Prof. Kenning das sagt, spüren die Gäste des Marketing-Club Düsseldorf, dass sie an diesem Abend ein bisschen zu Augenzeugen eines wissenschaftlichen Durchbruchs geworden sind.
Stephan Rahn